SGR-SSSR Tagung 2024: Moderate Religion
06.06.2024 - 07.06.2024
Programm, Abstracts & Zoom Link
Aus organisatorischen Gründen bitten wir um Anmeldung zur Tagung an relsem(at)unilu.ch. Es bestehen keine Tagungsgebühren.
Inhalt
Gesellschaften und ihre Funktionsbereiche wie Medien oder Politik bewerten religiöse Praktiken und Anschauungen häufig als sozial akzeptabel oder als sozial nicht akzeptabel. Dies gilt für die Gegenwart genauso wie für die Vergangenheit und für unterschiedliche Kulturen und Regionen. Unter dem Begriff der «moderaten Religion» geht die SGR-SSSR-Tagung 2024 den Bewertungs- und Kategorisierungsvorgängen nach, die entscheiden, was in jeweiligen Gesellschaften als akzeptable gegenüber inakzeptabler, als sozial zuträgliche gegenüber abträglicher und letztlich als «gute» im Unterschied zu «schlechter» Religion bewertet wird. Verschiedene Studien zu westeuropäischen Kontexten zeigen auf, dass gegenwärtig die sozial als «moderat» und damit «gut» gedeutete Religion als diskret, nicht missionarisch, offen, privat, selbstbestimmt, unterstützend und Halt gebend bezeichnet wird. Das Gegenteil der moderaten Religion ist die «radikale» Religion, die fordernd, richtend, missionarisch, dogmatisch, fremdbestimmend und einengend sei. Doch die Zuordnung einer Religion und religiösen Praxis und Anschauung zur einen oder anderen Seite dieses Spektrums kann sich im Laufe der Zeit verändern. Eine von Wortführern einst als sozial «schädlich» und gefährlich kategorisierte Religion (wie etwa der Buddhismus um 1900 in Deutschland oder die Anthroposophie um 1920 in der Schweiz) kann aufgrund gesellschaftlich gewandelter Bewertungsmassstäbe oder innerreligiöser Anpassungen als akzeptabel und moderat gelten – und umgekehrt.
Nachdem sich die Religionsforschung in zurückliegenden Jahren oftmals mit «radikaler» Religion befasst hat, schlägt die SGR-SSSR-Tagung 2024 vor, sich dem bislang eher wenig beachteten Gegenstück zuzuwenden. Zielsetzung der Tagung ist es, Vorgänge der Bewertung und Kategorisierung von Religion und religiösen Anschauungen und Praktiken zu erfassen, zu analysieren und zu systematisieren. Wir fragen daher: Wann wird etwas als «moderate Religion» markiert und wovon ist sie dann die Abgrenzung? Wer nimmt welche Einteilungen vor? Warum werden bestimmte Bewertungen mehrheitsfähig und sozial relevant, während andere randständig und Minderheitsmeinungen bleiben? Was führt zum Wandel von Bewertungsdiskursen und wo bleiben zugrunde gelegte Kriterien über lange Zeit unverändert? In welchen öffentlichen wie auch wissenschaftlichen Diskursen tritt die Rede von «moderater» Religion überhaupt auf, welche Funktion erfüllt sie und wie sieht das so Thematisierte konkret aus? In welchen gesellschaftlichen Handlungsfeldern wie Politik, Recht, Medien oder Bildung treten z.B. konkret Einteilungen einer «guten», «moderaten» Religion als Gegenbild zu einer nicht akzeptablen, «radikalen» Religion auf? Bleibt der Begriff der moderaten Religion ein Objektbegriff, oder eignet er sich möglicherweise auch als Metabegriff?